Ein düsterer Traum hatte Marea aus dem Schlaf gerissen. Sie entschied sich noch vor dem Waschen Ruhe in einem Gebet zu finden. Schweigend machte sie sich auf den Weg zu ihrem telemischen Haus. Es begann gerade erst zu dämmern und der größte Teil der Danamæischen Bevölkerung schlief noch. Angekommen an diesem Wunderwerk eines Baumes kniete sie nieder und begann jene Worte zu sprechen, die sie seit der Begegnung mit den Glaubensbringern tief und für ewig in sich aufgesogen und in ihre Erinnerung eingebrannt hatte. Zwar wirkten die Worte aus dem Gebetsbuch des Glaubensbringers immer noch etwas fremd für sie, waren sie ja in einer ganz anderen Sprache verfasst. Ihr heiliger Klang und spirituelle Wirkung berührte sie aber heute immer noch genau wie am ersten Tag. „Möge sein Licht ewig scheinen“, waren die Worte, mit denen sie im andächtigen Flüsterton ihr Gebet beendet hatte. Marea verweilte noch in Stille bei diesen Worten und der inneren Ruhe, die ihr das Gebet geschenkt hat.
Wie sich ihr Leben doch verändert hatte, seit der Begegnung mit den Glaubensbringern. Der Aufstand gegen den Basaltlotus, der Wiederaufbau Danamos und der Telemischen Häuser, der wiedergefundene Glaube, die Gebete und nun endlich auch die Einlösung der Prophezeiung. Die Besungenen sind in den Letzten Wald von Edeos zurückgekehrt. Und schon bald wird es soweit sein und die Telemischen Häuser können endlich wieder den Ewigen geweiht werden.
Die letzten Worte des Gebets hallten in ihren Gedanken nach. Möge Sein Licht ewig scheinen. Sie musste noch einmal an den Traum denken. Sie hatte sich selbst nur als dunklen Schatten durch noch dunklere Räume schreiten gesehen. Es waren Räume, die keine Wände, keinen Boden, kein Anfang und kein Ende zu haben schienen. Die Dunkelheit hatte sie so sehr bedrückt, dass sogar ihr Gang sich gekrümmt hatte. Sie hatte sich fürchterlich einsam gefühlt, verängstigt. Dazu hatte sie die Gewissheit beschlichen, dass sie nicht zufällig hier war, dass es einen Grund gegeben hatte. Je länger sie gelaufen war, umso mehr waren ihre Gefühle in die Frevelhaftigkeit abgeglitten. Sie hatte sich selbst verflucht, in ihren Gedanken nach Schuldigen für ihre ausweglose Situation gesucht, Hass und Neid gegenüber jenen empfunden, die nicht in die Dunkelheit gemusst hatten. Immer zerstörerischer waren ihre Gedanken geworden. Der Raum hatte schon längst nicht mehr wie eine gerade Fläche gewirkt. Viel mehr schien sie in einer Abwärtsspirale begriffen gewesen zu sein. Ihre Beine waren schwächer geworden und der Mahlstrom der Dunkelheit riss sie immer schneller hinab. Im Sturz begriffen hatte sie plötzlich einen winzigen, strahlend klaren Lichtpunkt in der Dunkelheit gesehen. Eine Laterne? Dann war sie aufgewacht.